Wissensteil:
Der Name „Weimarer Republik“
Hauptstadt und politisches Zentrum des Deutschen Reichs war Berlin. Daran änderte sich auch nach dem Ende der Monarchie nichts. Ende 1918 und Anfang 1919 wurden die Verhältnisse in Berlin chaotisch (Matrosen-, Spartakusaufstand). Deshalb wichen die am 19.1.1919 gewählten Mitglieder der Verfassunggebenden Nationalversammlung in das ruhige Weimar aus. Dies wurde mit dem „Geist Weimars“ (Goethe, Schiller) begründet.
Die chronologische Struktur der Weimarer Republik
Die Weimarer Republik ist nicht offiziell gegründet und beendet worden. Die Übergänge vom Kaiserreich und zum Dritten Reich waren fließend. Es gibt deshalb für Beginn und Ende der Weimarer Republik eine Reihe von Daten, jedoch keine eindeutige Datierung. Ihren Beginn kann man ansetzen mit dem 28. Oktober 1918 (der Reichstag beschließt, dass die Regierung vom Vertrauen des Reichstags abhängig ist = Parlamentarisierung), mit dem 9. November 1918 (Abdankung des Kaisers, Ende der Monarchie, Ausrufung der Republik), mit dem 6. Februar (Zusammentreten der Nationalversammlung zu Weimar) oder mit dem 11. August 1919 (Unterzeichnung der neuen Verfassung durch Reichspräsident Ebert).
Auch für das Ende der ersten deutschen Republik gibt es mehrere Datierungen: 27. März 1930 (Scheitern der letzten parlamentarischen Reichsregierung, Beginn der Präsidialregierungen); 30. Mai 1932 (Sturz des letzten Reichskanzlers, der zwar keine parlamentarische Mehrheit besaß, aber wenigstens keine Mehrheit gegen sich hatte), 30. Januar 1933 (Ernennung Hitlers zum Reichskanzler); 28. Februar 1933 (die Reichstagsbrandverordnung hebt die Grundrechte „bis auf weiteres“, de facto bis zum Untergang des NS-Regimes auf); 14. Juli 1933 (Verbot aller Parteien außer der NSDAP); 2. August 1934 (Hitler vereinigt die Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers und ist damit Diktator). Als entscheidende Daten gelten der 9. November 1918 und der 30. Januar 1933.
Die Weimarer Republik lässt sich in drei Phasen mit spezifischen Charakteristika einteilen:
Die „Novemberrevolution“: „Größte aller Revolutionen“ oder „Zufallsprodukt“?
Die Ereignisse des 9. November wurden von den Zeitgenossen unterschiedlich gesehen. Der Berliner Journalist Theodor Wolff bezeichnete sie am folgenden Tag als „die größte aller Revolutionen“. Mit mehr zeitlicher und emotionaler Distanz kam der spätere Außenminister Walther Rathenau 1919 zu einer gegensätzlichen Einschätzung. Er nannte sie ein „Zufallsprodukt“, eine „Revolution aus Versehen“. Der Historiker Hans Herzfeld charakterisierte sie 1966 als „eine der Not entsprungene Wendung, nicht eine freien und eigenen Impulsen der Nation gehorchende Umwälzung“. Tatsächlich war die „Novemberrevolution“ keine Revolution im klassischen Sinne. Entscheidend ist, dass es trotz der (nicht beabsichtigten) Abschaffung der Monarchie zu keinen tief greifenden gesellschaftspolitischen Veränderungen kam. Die antidemokratischen und antirepublikanischen Säulen des Kaiserreichs (Militär, Verwaltung, Justiz) konnten ihre Bedeutung auch in der Republik erhalten.